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Systemische Traumabewusste Prozessarbeit

Hier entstehen nach und nach Artikel über systemische traumabewusste Prozessarbeit. 

Schaue immer wieder gerne vorbei und lerne zu verstehen, warum diese Arbeit so wichtig ist, 

für mich, für dich, für uns und für die Welt...

Vorwort

Die Hinterlassenschaft von allen Erfahrungen, unsere Erlebnisse und Erinnerungen, formen und prägen unsere Gesellschaft. Sie bilden die Möglichkeiten, wie wir in und mit der Welt leben, wie wir sie betrachten, wie wir mit ihr und anderen Lebewesen in Verbindung stehen und wie wir uns Menschen wahrnehmen und gegenseitig verstehen.

 

Nicht bewusste und nicht integrierte individuelle, generationale und kollektive Traumata haben eine erhebliche Einwirkung auf die Entwicklung der Menschheit. Sie fügen Menschen untereinander und der Natur erheblichen Schaden zu. Die Verletzungen müssen dabei jedoch nicht als Hindernisse auf unseren Wegen verstanden werden. Viel mehr sind sie die Wege selbst. Sie verbinden uns und führen uns zur Lebendigkeit, zu mehr Frieden und hinzu einer Kultur, die von einem wohlwollenden Miteinander geprägt ist. Lasst uns gemeinsam diese Wege gehen und uns Menschen und unsere Verletzungen besser verstehen.

Vorwort zu Traumabewusstes Grundlagenwissen
von Björn Mundinger, November 2024

Grundlagenwissen

Der Begriff "Trauma" und die Betrachtungsweise darauf wird in der heutigen Zeit wohl so viel diskutiert wie nie zuvor. Während Wörter rund um das Phänomen der Traumatisierungen meist nur in medizinischen und psychologischen Zusammenhängen benutzt wurden, erfahren sie derzeit eine Art Revolution. Zu Recht, denn ein passendes Verständnis über die Konzepte hinter der Thematik, mit der viele von uns täglich auseinandergesetzt sind, bringen schon erste Veränderungen und somit auch Wege zur Heilung mit sich. Dennoch sollte der Begriff und das Wissen darum auch nicht trivialisiert werden und jedem prägenden Erleben ein traumatischer Hintergrund zugesprochen werden. Deshalb ist ein systemischer und bewusster Blick auf das Phänomen welches von Traumatiserungen, aber auch ihrer Heilungsmöglichkeiten einhergeht, essentiell.

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Bewusst und systemisch wird die Sichtweise dann, wenn sie nicht nur das Individuum, sondern auch das Kollektiv anspricht. Wenn sie die Verbindungen darin erkennen lässt und somit holistisch und ganzheitlich wirkt. Verletzungen sowie deren Heilung sind nämlich nicht nur individuelle Angelegenheiten, sondern betreffen stets ein ganzes System. Eine Unterscheidung zwischen den Ebenen welche Traumatisierungen erfahren können ist dabei wichtig, doch genauso ist ihr Zusammenhang von großer Bedeutung. Zu oft wird nur ein Bereich erläutert oder der Begriff für die breite Gesellschaftsmasse weiterhin tabuisiert. Zeitgleich kann ein fahrlässiger Gebrauch, der jedem Individuum eine Traumatisierung unterschlägt, irreführend sein. 

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Ein Wissen das traumabewusst ist und wirkt, welches Individuen sowie das Kollektiv mit in die Betrachtung einschließt, ist deshalb unabdingbar für eine verbindendere und gesündere Gesellschaftsgestaltung. Mit meiner Arbeit ermögliche ich es, die Beziehungsfähigkeit von Menschen zu stärken und zeige Wege zur Verbindung auf, welche durch Traumastrukturen unmöglich gemacht wurden. Dafür ist jedoch erst einmal zu klären, was sich hinter den Begriffen überhaupt verbirgt.

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In der Folge soll dargestellt werden, wie Wissenschaft und Therapie zwischen unterschiedlichen Formen von Traumatisierungen unterscheidet. Dabei soll die Komplexität, welche sich dahinter verbirgt ein wenig verständlicher gemacht werden. In weiteren Texten versuche ich zu beleuchten, welche Aspekte unseres Menschseins relevant für die Betrachtung sind, warum es genauso essenziell ist, über Vitalität zu sprechen und wie Lebens- und Arbeitsbereiche eine traumabewusste Kultur prägen können und warum diese für unsere Zukunft wichtig ist.

 Grundlagenwissen
von Björn Mundinger, Dezember 2024

Der Traumabegriff

Das Wort Trauma stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet soviel wie Wunde oder Verletzung und war rein auf den Körper bezogen. In vormodernen und vorreligiösen Zeiten fand der Ausdruck jedoch auch schon Anwendung auf seelische Leiden. So geht beispielsweise aus Sprachen südamerikanischer Urvölker das Wort „susto“ hervor, dass mit einer Schreckstarre oder Verlust der Seele gleichgesetzt wird.
 

Ebenso wurde auch nicht so sehr zwischen körperlichen und geistigen Wunden unterschieden, da die Komponenten nicht getrennt voneinander betrachtet wurden. Selbst der Mensch wurde nicht als getrennt von dessen Umwelt angesehen und so war die Betrachtung zwischen individuellen und kollektiven Traumata auch nicht von Relevanz. Diese Unterscheidung wurde erst in späteren Epochen vorangetrieben, indem der Mensch immer mehr als separiert von der materiellen und spirituellen Natur und schlussendlich auch die Verbindung zwischen Körper und Geist als getrennt wahrgenommen wurde. Die kognitiv besetzte Wissenschaft löste den Glauben und die Vorstellung einer in sich verbundenen Weltsicht ab.
 

Als Trauma wurde viele Jahrhunderte nur noch eine schwere Verletzung betitelt, was zum einen deren Besonderheit hervorhob, zeitgleich aber auch ein Tabu auf dessen Betrachtung legte. Besonders über die Aufmerksamkeit auf seelische Wunden wurde vermehrt ein Mantel des Stillschweigens gelegt, was auch mit der Verbreitung patriarchaler Strukturen zusammenhängt, die mit Glaubenssätzen einhergehen, sich nicht verletzlich zeigen zu dürfen.

Erst im 19. Jahrhundert wurde die Sichtweise auf psychisch schwer zu verarbeitende Erlebnisse eröffnet. Die Unterteilung zwischen Verletzungen und Traumata, zwischen verschiedenen Arten darin und vor allem zwischen der Schwere von Wunden, wurde somit immer weiter vorangetrieben. Dies brachte einerseits gewinnbringende Entwicklungen mit sich, blockierte sich aber auch zunehmend in der Betrachtung und schlussendlich in der Behandlung der Verwundungen.
 

1992 wurde der Begriff schlussendlich auch im ICD-10, (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) dem weltweit gängigste Model zur Einstufung von Krankheiten und Störungen aufgenommen. Während in diesem Model versucht wird Traumata und ihre Folgereaktionen in Kategorien zu ordnen, setzen sich immer mehr Traumaforscher:innen dafür ein, seelische Verletzungen im allgemeinen als Ursache für psychische Besonderheiten zu erkennen. Dies gewinnt auch in der derzeitigen 11. Auflage des ICD immer mehr an Anerkennung.

Zu dieser Erkenntnis verhalf sicherlich auch die Definition, dass ein Trauma nicht in einem Ereignis, sondern vielmehr in dessen Verarbeitung mündet. Auswirkungen von traumatischen Ereignissen sind deshalb nicht abhängig von der Situation an sich, sondern von der Empfindsamkeit und Resilienz des Lebewesens, welches ein solches Ereignis erfährt. So kann je nach Geschichte und Eigenschaften eines Menschen, eine Naturkatastrophe für die eine Person traumatisierend sein. Für eine andere Person, die ähnliches erlebt, jedoch nicht. Auch lässt sich zeigen, dass ein Besuch beim Arzt oder ein wiederkehrendes Mobbing traumatische Reaktionen auslösen kann.

Mittlerweile wird nämlich von Schock- und Entwicklungstrauma unterschieden, die häufig aber auch in Zusammenhang miteinander stehen. Im Folgenden werde ich näher auf die Phänomene eingehen, um die Unterscheidungen verständlicher zu machen.

Glacier River

Der Traumabegriff

von Björn Mundinger, August 2025

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